Alexander, Elisabeth (†)

Die große alte Dame der deutschsprachigen Literatur verstarb nach längerer Krankheit am 17. Januar 2009.
Elisabeth Alexander wurde am 21. August 1922 in Linz am Rhein geboren. Sie wuchs in einer kinderreichen Familie auf, ihre Jugend war stark katholisch geprägt. Während des Krieges war sie u. a. Rechnungsführerin im Reservelazarett; 1946 zog sie nach Heidelberg, arbeitete bei der US-Armee, besuchte das Abendgymnasium und anschließend die Hochschule für Musik und Theater in Heidelberg. In den 60er Jahren ließ sie sich scheiden, begann zu schreiben und war bald - als alleinerziehende Mutter von 4 Kindern - Autorin von Beruf. Die 70er Jahre brachten ihr dank einiger Buchpublikationen größere Aufmerksamkeit, berühmt wurde sie mit dem 1978 erstmalig erschienenen Bestseller Die törichte Jungfrau, damals ein Skandalbuch. »Die Frau. Im Bett war sie immer zu Hause.«, begann der tabulose Roman um ihre Hauptfigur Josefine Bähr, deren Erlebniszentrum ihr Unterleib ist. Das brachte Elisabeth Alexander in konservativen Kreisen schon dreißig Jahre vor Charlotte Roche den Ruf einer Porno-Poetin ein. Tatsächlich kommt der Roman bissig, teilweise wütend daher. Er ist ein höchst unterhaltsames anekdotisches Stück deutscher Gegenwartsprosa.
Ab 1987 erschien bei éditions trèves ihr Hauptwerk, beginnend mit dem Erzählungsband Damengeschichten. Es folgten die Neuausgaben der Törichten Jungfrau und ihres zweiten Romans Sie hätte ihre Kinder töten sollen. Zusammen mit dem kurz darauf erschienenen Bauchschuß bilden diese 3 Werke die sogenannte »Heidelberger Trilogie«. Es passt zu Alexander, dass sie, nachdem dieser Begriff sich für die 3 Romane eingeprägt hatte, viel später den neuen Roman Die sieben Häute der Hanna Winter hinzufügte. Zum 80. Geburtstag erschien dieses Buch, das aus ihrer Trilogie eine Tetralogie werden ließ. Der Roman, der wiederum all jenen Frauen ein Denkmal setzt, die ein unverdientes Nischendasein am Rande einer nach wie vor männerzentrierten gesellschaftlichen Wirklichkeit führen, ist zugleich der erste Band ihrer Werkausgabe.
Ihre vielleicht schönsten Bücher waren zum einen der Kurzgeschichtenband Kurz & klein, den die Rhein-Neckar-Zeitung prägnant beschrieb als »Kurz, bündig, gewaltig.«. Und zum anderen ihr persönlichstes, geheimnisvollstes, aber auch komplexestes Buch, der Gedichtband Am Fußende des Bettes. Sie verstand das mit markanten Fotos aus ihrem Leben illustrierte Buch als ein »großes Gedicht«. Kein Wunder, dass im »Lexikon der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur« ein Beitrag zu Elisabeth Alexander mit dem Satz schließt: »Die Sinnlichkeit ihrer Sprache findet ihre Erfüllung in der klanglichen Dimension ihrer Texte, auch aus den Prosatexten scheint ihre lyrische Kompetenz hervor.«

Zu ihrem Werk wurde an verschiedenen Universitäten geforscht, in den USA galt sie seit Prof. Hunts Vortrag »Abbau im Muttermythos. Zum Prosawerk von Elisabeth Alexander« (Jahrestagung der Modern Language Association of America in Washington) innerhalb der deutschen Literatur als das »weibliche Gegenstück zu Grass.«
Elisabeth Alexander war Zeit ihres Autorenlebens mit ihrer Literatur und für ihre Bücher unterwegs. Ein Unfall »im Dienste der Literatur«, wie sie es ausdrückte, erzwang im hohen Alter ihren Rückzug von den Lesereisen. Ein Sturz in der Dusche nach einer Lesung. Aber bis zuletzt publizierte sie Gedichte, so geschehen im Jahrbuch für Grafik und Literatur, dem Verschenk-Calender.

Elisabeth Alexander 2Elisabeth Alexander 3Elisabeth Alexander 1

Beiträge von Elisabeth Alexander sind erschienen in:
Verschenk-Calender 2016 - Tage, Jahr- und Lesebuch mit Gedichten und Grafik
Verschenk-Calender 2015 - Tage, Jahr- und Lesebuch mit Gedichten und Grafik
Verschenk-Calender 2014 - Tage, Jahr- und Lesebuch mit Gedichten und Grafik
Verschenk-Calender 2013 - Tage, Jahr- und Lesebuch mit Gedichten und Grafik
Verschenk-Calender 2012 - Tage, Jahr- und Lesebuch mit Gedichten und Grafik
Verschenk-Calender 2011 - Tage, Jahr- und Lesebuch mit Gedichten und Grafik
Verschenk-Calender 2010 - Tage, Jahr- und Lesebuch mit Gedichten und Grafik

Was jetzt geschieht, geschieht umgekehrt, Kurzgeschichten
Die sieben Häute der Hanna Winter. Roman
Kurz & klein, Kurzgeschichten
Fritte Pomm, Roman für große und kleine Kinder
Bauchschuß, Roman
Herrengeschichten, Erzählungen
Im Korridor geht der Mond. Gedichte
Damengeschichten, Erzählungen
Sie hätte ihre Kinder töten sollen, Roman
Törichte Jungfrau, Roman
Die Frau, die lachte, bürgerliche Texte (Kurzgeschichte)

14.80 EUR
Elisabeth Alexanders Dichtung »Am Fußende des Bettes« ereignet sich in Metaphern. Ihre Sehnsucht schöpft sie aus unendlich weiten emotionalen Gärten.
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